Die für mich wichtigste Botschaft von Fußballprofi Robin Gosens: Erst kommt der Mensch, dann der Sport.
Beim „Träumen lohnt sich“-Camp der Träumen lohnt sich Stiftung und der Sepp-Herberger-Stiftung hatte ich die große Ehre, als Speaker dabei zu sein. Das Camp war nicht nur ein voller Erfolg, sondern auch eine wertvolle Gelegenheit, die Begeisterung und den Einsatz von jungen Talenten hautnah zu erleben.
Ein absolutes Highlight war die Podiumsdiskussion mit Robin Gosens, Marie-Louise Eta und Martin Eismann. Diese gab tiefgehende Einblicke in den Profisport, die Bedeutung von Träumen und das Streben nach Exzellenz.
Ebenso beeindruckend waren die Workshops von und mit Kolleginnen aus den U-Nationalmannschaften, die den Teilnehmern und Teilnehmerinnen wertvolle Impulse für ihre eigene sportliche und persönliche Entwicklung gaben.
Ein großer Dank gilt Nico Kempf von der Sepp-Herberger-Stiftung für die hervorragende Organisation dieses inspirierenden Camps. Es war ein Erlebnis, das uns allen gezeigt hat: Träumen lohnt sich wirklich!
Psychologische Aspekte im Leistungssport: Der Mensch im Mittelpunkt
Die Botschaft „Erst kommt der Mensch, dann der Sport“ betont eine zentrale Erkenntnis aus der Sportpsychologie: Der Mensch, seine psychische Gesundheit und sein Wohlbefinden müssen immer Vorrang haben, auch im Leistungssport. In einer hochkompetitiven Umgebung, in der externe Einflüsse und Druck allgegenwärtig sind, kann die mentale Belastung enorm sein. Athleten sehen sich oft mit hohen Erwartungen, Medienpräsenz und der ständigen Notwendigkeit, Höchstleistungen zu erbringen, konfrontiert.
Die Fähigkeit, mit diesen externen Einflüssen umzugehen, ist entscheidend für den langfristigen Erfolg und das Wohlbefinden im Sport. Es ist wichtig, dass Athleten lernen, ihre eigenen Bedürfnisse und Grenzen zu erkennen und zu respektieren. Strategien wie Achtsamkeitstraining, Stressmanagement und das Entwickeln einer starken inneren Motivation können dabei helfen, sich nicht von externen Erwartungen überwältigen zu lassen.
Darüber hinaus zeigt die Forschung, dass ein ganzheitlicher Ansatz, der sowohl physische als auch psychische Aspekte umfasst, die Leistung nachhaltig verbessern kann. Indem der Mensch als Ganzes betrachtet wird – mit seinen Träumen, Ängsten und Bedürfnissen – kann ein Umfeld geschaffen werden, das nicht nur sportlichen Erfolg, sondern auch persönliche Erfüllung ermöglicht.
Das „Träumen lohnt sich“-Camp hat diese Prinzipien auf beeindruckende Weise in den Mittelpunkt gestellt und gezeigt, dass es im Sport nicht nur um Medaillen und Rekorde geht, sondern vor allem darum, als Mensch zu wachsen und seine Träume zu verfolgen.
Bisher hat sich die Serie „Sportlich weiterentwickeln trotz COVID-19“ mit Visualisieren, Struktur und Erholung sowie Dazulernen beschäftigt. Auch im letzten Teil der Beitragsreihe geht es wieder darum, das psychische Wohlbefinden zu fördern und sich gleichzeitig sportlich weiterzuentwickeln. Dieses mal durch: Vernetzen und in die Natur gehen.
Vernetzen
Sport hat immer einen sozialen Kontext. Gegenwärtig müssen wir physische Distanz wahren. Wir sollten uns aber bewusst sein, dass physische Distanzierung und soziale Isolation zwei unterschiedliche Dinge sind. Das Aufrechterhalten des Kontakts zu deinen Teammitgliedern, Trainingspartnern und Betreuern ist eine wichtige psychologische Ressource. Mit anderen Worten: Es tut dir richtig gut.
Ebenso wichtig ist der Kontakt zu deinen Freunden, deiner Familie und anderen Personen aus deinem Umfeld. Unterschiedliche technische Möglichkeiten, wie z.B. ein Gruppen-Chat, können dir helfen, die aktuelle Herausforderung zu meistern. Wenn du mit Freunden sprichst, solltest du daran denken, dass auch sie die Belastungen und negativen Auswirkungen dieser aktuellen Pandemie erleben. Deine Kommunikation könnte also nicht nur dazu beitragen, deine eigene Gefühlslage zu verbessern, sondern tut auch deinem Umfeld gut.
Das könntest du tun: Vereinbare mit deinen Teamkollegen oder Trainingspartnern feste und regelmäßige Termine, um eure Trainingsfortschritte und -anliegen mehrmals pro Woche zu einem geeigneten Zeitpunkt zu besprechen. Das kann auf Social-Media-Plattformen, in WhatsApp-Gruppen oder woanders erfolgen.
Darauf solltest du achten: Du wirst mit einer Mischung aus emotionalen Reaktionen konfrontiert sein und das kann eventuell eine Herausforderung darstellen. Um dieses Risiko zu mindern, ist auch die Aufrechterhaltung des Kontakts zu Personen außerhalb des Sports sehr wichtig.
Rausgehen
Körperliche Aktivität in der freien Natur ist für viele Athleten und Athletinnen eine naheliegende Wahl, um aktuell fit zu bleiben. Die Bewegung in natürlichen Umgebungen hat viele zusätzliche Vorteile gegenüber dem Training im Fitnessstudio, in der Halle oder eben Zuhause. Die Umweltbedingungen, wie z.B. gute Luftqualität und geringere Lärmbelästigung, sind der größte Vorteil. Die Bewegung in natürlicher Umgebung trägt außerdem dazu bei, Ängste und Sorgen abzubauen. Bei der aktuellen Herausforderung ist das wichtig. In die Natur zu gehen, verbessert auch die Stimmung und das psychische Wohlbefinden. Die Konzentration auf die Natur, wie z.B. die damit verbundenen Geräusche sowie die Aussicht auf Bäume und Grünflächen, kann auch von den körperlichen Anstrengungen während des Trainings ablenken. Das Ergebnis ist, dass sich Bewegung in einer natürlichen Umgebung leichter, angenehmer und spaßiger anfühlen kann als in geschlossenen Räumen.
Das könntest du tun: Finde, wenn möglich, eine Reihe von Orten im Freien, an denen du dich körperlich betätigen kannst, und versuche, die Natur aktiv wahrzunehmen.
Darauf solltest du achten: Halte dich an die tagesaktuellen Richtlinien deiner örtlichen Gesundheitsbehörde.
Bisher hat sich die Serie „Sportlich weiterentwickeln trotz COVID-19“ mit Visualisieren sowie Struktur und Erholung beschäftigt. Im Fokus liegt immer die persönliche Entwicklung und gleichzeitig das Fördern des psychischen Wohlbefindens. Dieses Ziel verfolgt auch der dritte Teil „Dazulernen“.
Dazulernen
Nutze die Gelegenheit, um dazuzulernen und deine mentalen Stärken weiterzuentwickeln (z.B. Visualisierungsfähigkeit, Konzentration, Belastbarkeit). Auch deine taktischen oder andere sportartspezifische Kenntnisse kannst du vertiefen. Zudem hast du jetzt die Möglichkeit, dich darauf zu konzentrieren, eine neue individuelle Fähigkeit zu erlernen, wie z.B. etwas mit deiner nicht dominanten Hand oder deinem nicht dominanten Fuß auszuprobieren. Du kannst auch etwas Neues außerhalb des Sports dazulernen: kochen, zeichnen, eine neue Sprache lernen oder irgendetwas anderes, was dich schon immer interessiert hat. Da der Sport durch COVID-19 nun teilwiese auf Eis gelegt wurde, bleiben für dich Erfolge in Wettkämpfen oder Spielen aus. Beim Dazulernen erweiterst du jetzt also nicht nur deine Fähigkeiten, sondern schaffst dir auch die Möglichkeit, wieder Fortschritte und Erfolge zu spüren. Du tust nebenbei also auch noch etwas für dein Selbstvertrauen.
Psychische Fertigkeiten sind etwas, von dem sich viele Sportlerinnen und Sportler wünschen, sie könnten es besser. Dazu zählen der Umgang mit Druck, Abhaken von Fehlern, optimale Wettkampfvorbereitung, mentales Training, Stressmanagement und vieles mehr. Da physisches Training im Moment teilweise eingeschränkt ist, könntest du z.B. ein Online-Coaching ausprobieren, um dein psychologisches Wissen zu erweitern. Wenn du darauf Lust hast, dann melde dich bei mir. Apps wie Mindance bieten dir eine weitere Möglichkeit, deine psychischen Stärken zu erweitern (Mindance bei GooglePlay, Mindance im App Store).
Das könntest
du tun: Probiere
etwas Neues aus. Lerne selbstständig, per App oder im Coaching sportlich und
mental etwas dazu. Schließe dich dafür idealerweise mit einer
Trainingspartnerin oder einem Trainingspartner zusammen, damit ihr eure
Erfahrungen teilen und euch gegenseitig motivieren könnt.
Darauf solltest du achten: Möglicherweise hast du das Gefühl, dass dir die Energie für das Offline- oder Online-Lernen fehlt. Setze dir Ziele und gehe es langsam an.
Im nächsten Teil:Vernetzen und Rausgehen. Im letzten Teil der Serie geht es darum, wie du trotz der Einschränkungen soziale Kontakte pflegst und dies für deinen sportlichen Erfolg nutzen kannst. Außerdem erfährst du etwas über die positiven Effekte von Training im Freien.
Dieser Beitrag schließt sich an den Artikel „Feedback im Fußballtraining“ an und geht tiefer auf ein spezielles Problem im Coaching ein.
Self-fulfilling Prophecy: Was ist das und was hat das mit Coaching zu tun?
Die Erwartungen von Trainerinnen und Trainern an einen Sportler oder eine Spotlerin entstehen aus mehreren Faktoren, wie z.B. Alter oder Fähigkeiten. Häufig entstehen diese Erwartungen durch den berühmten „ersten Eindruck“ oder aber durch Hörensagen wie „Das ist ein Guter!“ oder „Der kann gar nichts!“. Ist man bei einem Trainer oder einer Trainerin einmal in eine Schublade gerutscht, ist es meist schwer, aus dieser wieder herauszukommen. Je erfahrener das Trainerteam ist, desto wahrscheinlicher steckt man auch in der „richtigen“ Schublade.
Für die Trainingserfolge und Fortschritte der Einzelnen kann das Schubladendenken aber zum Problem werden.
Warum ist das so? Ein Beispiel aus dem Mannschaftsport: Die Meinung, die ein Trainer von einem Spieler hat, wird durch verbale und nonverbale Kommunikation vom Trainer an den Spieler übermittelt. Werden die Erwartungen des Trainers über einen langen Zeitraum durchgehend vermittelt und nimmt der Athlet diese Nachrichten auf, kann dies dazu führen, dass das tatsächliche Verhalten des Sportlers nach einiger Zeit mit den ursprünglichen (falschen) Erwartungen des Trainers übereinstimmt. Das bezeichnet man als „Self-fulfilling Prophecy“, eine selbsterfüllende Prophezeiung.
Dieses Phänomen lässt sich darauf zurückführen, dass – vor allem in Mannschaftssportarten – Spieler und Spielerinnen, von denen höhere Leistungen erwartet werden, generell oft mehr und spezifischer gecoacht werden als Spieler und Spielerinnen, von denen wenig erwartet wird. Das Problem dabei: Die vermeintlich stärkeren Athletinnen und Athleten werden mehr gefördert als die subjektiv schwächeren. Das endet oft darin, dass sich die Spielerinnen und Spieler, von denen weniger erwartet wird, schlechter entwickeln. Nach einiger Zeit können sie dadurch tatsächlich leistungsschwächer sein als ihre Mitspieler und Mitspielerinnen. Die anfänglich falsche Prophezeiung hat sich selbst erfüllt.
Wie können Trainerteams möglichst objektiv bleiben und Spielerinnen und Spieler gleichmäßig fördern?
Um diese selbsterfüllende Prophezeiung zu umgehen, müssen Trainerteams zum einen so objektiv wie möglich bleiben und ihre eigene subjektive Wahrnehmung der Sportlerinnen und Sportler immer wieder hinterfragen, und zum anderen ihr Coaching und Feedback ungeachtet ihrer Erwartungen gleichmäßig auf alle Spielerinnen und Spieler verteilen. Doch objektiv bleiben ist leichter gesagt als getan.
Was kann man konkret tun? – Praxisbeispiel Fußball
Auf der einen Seite bieten sich Beobachtungsbögen an. Der DFB stellt seinen Trainern zum Beispiel den „Bewertungsbogen zum Einschätzen fußballerischer Fähigkeiten“ zur Verfügung. In solchen Bögen werden in der Regel festgelegte Faktoren (z.B. „Ballbehandlung“) abgefragt und dann auf einer Skala eingeschätzt. Solche Tools kann man auch leicht selbst erstellen oder Vorlagen individuell anpassen. Die großen Nachteile von Bewertungsbögen sind jedoch ein sehr großer Zeitaufwand und die nicht ausbleibende subjektive Komponente. Trotz standardisierter Beobachtungs- und Fragebögen ist die eigene Meinung nie ganz auszublenden.
Auf der anderen Seite sind Zahlen und Fakten das Mittel der Wahl für Objektivität. Leistungstests und die dazugehörigen Auswertungen sind eine gute Möglichkeit, die Spielerinnen und Spieler an Zahlen zu messen und objektiv einzuschätzen. Das können einfache Faktoren sein, wie zum Beispiel Laufgeschwindigkeiten oder -zeiten. Man kann aber auch komplexere Tests durchführen, bei denen Erfolgsquoten oder Wiederholungszahlen messbar sind, wie beispielsweise Passtore treffen – entweder auf Zeit oder mit einer maximalen Anzahl von Versuchen.
Es muss nicht immer ein separater Test sein
Zusätzlich bietet es sich an, über Übungen, Spielformen und kleine Turniere den Fußballerinnen und Fußballern die Möglichkeit zu geben, sich an objektiven Maßstäben zu messen. Die entscheidenden Punkte sind dabei stets gleiche Gegebenheiten für alle und die objektive Messbarkeit. Wie bereits beschrieben, können das Zeiten bei Sprints oder Dribblings, Wiederholungen beim Jonglieren oder geschossene Tore in kleinen Spielen sein. Um die Motivation gleichzeitig hoch zu halten, baut man die „Messungen“ bestenfalls in Wettbewerbsformen ein, wie etwa ein 1-gegen-1-Turnier („Kaiserturnier“) oder Torabschlusswettbewerbe.
Sich selbst Regeln für das Coaching erstellen
Alle objektiven Einschätzungen bringen den Sportlerinnen und Sportlern nicht viel, wenn diese nicht regelmäßig rückgemeldet und gespiegelt werden. Minuziös Buch darüber führen, wann man im Training oder Spiel wie oft und wie viele Sekunden mit wem gesprochen hat, um niemanden zu vergessen, ist ganz klar zu umständlich. Es darf aber auch nicht dazu kommen, dass eine Person, die zum Beispiel unauffällig ist, weil sie selten Fehler macht, kein Feedback bekommt und die Kommunikation zwischen Trainerteam und Mannschaft dadurch ungleichmäßig verteilt ist. Um das zu verhindern, sollte man sich slebst Vorgaben für das eigene Coaching erstellen. Folgende Denkanstöße könnten dabei zu Struktur in der Kommunikation verhelfen:
Als klare Kommunikationsregel für das Trainerteam, um die Stärken der Mannschaft zu fördern, gilt: Jede wirklich gute/ herausragende Aktion mit Lob belohnen und bekräftigen – ohne Ausnahme!
Bei der Trainingsdokumentation sollte man nicht nur Anwesenheit und Trainingsleistung der Spieler und Spielerinnen eintragen, sondern kurz auch sich selbst hinterfragen: „Habe ich Aktionen von diesem Spieler/ dieser Spielerin im Kopf? Habe ich heute mit der Person gesprochen oder sie gecoacht?“
Um grundlegende Dinge zu besprechen und Erwartungen klar und transparent zu machen, sind regelmäßige Spielergespräche (zumindest halbjährlich) für Feedback unter vier Augen empfehlenswert und können den Sportlerinnen und Sportlern zu weiteren Entwicklungsschüben verhelfen.
Immer wieder versuche ich mich selbst vor Herausforderungen zu stellen. Einen Podcast zu machen war auf jeden Fall eine neue und tolle Erfahrung. Ich habe jetzt gelernt, dass man immer den gleichen Abstand zum Mikro halten sollte…
Die Zuhörer lernen hoffentlich etwas zum Umgang mit Gedanken und Emotionen im Fußball und bekommen einen kleinen neuen Einblick in die Sportpsychologie.
Vielen Dank an Christoph Kleinert für das Interview! Den ganzen Podcast gibt es bei Spotify.
Interesse an einem individuellen Coaching und Workshops für Teams zum Umgang mit Gedanken und Emotionen im Fußball oder anderen Sportarten? Nähere Informationen findest du unter Individuelle Betreuung und Interventionen für Teams und Gruppen.
Mit zielgerichtetem Coaching Motivation und Trainingserfolge steigern
Wenn wir im Training oder im Spiel coachen, übermitteln wir unseren Spielerinnen und Spielern Feedback. Doch Feedback ist nicht gleich Feedback. Es kann verbal und nonverbal, formal oder nicht formal, direkt oder indirekt sowie bewusst und unbewusst gegeben werden.
Feedback kann über verschiedene Wege gegeben werden: visuell, auditiv und audiovisuell. Visuelles Feedback erfolgt z.B. mimisch oder anhand von Gestik. Das auditive Feedback wird durch Sprache oder andere Laute gegeben. Die Verbindung beider Formen wird audiovisuelles Feedback genannt.
In wissenschaftlichen Untersuchungen hat sich gezeigt, dass das Nutzen von direktem audiovisuellen Feedback den meisten Erfolg verspricht.
Für die Empfänger -die Spielerinnen und Spieler- kann Feedback positiv, negativ oder neutral (sachlich) sein. Auch das Ausbleiben von Feedback (Nonreinforcement), z.B. nach einer gelungenen Aktion, ist eine Art der Rückmeldung. In einer Studie mit Eishockeyspielern (Stein et al., 2012) konnte z.B. gezeigt werden, dass Nonreinforcement, vor allem nach einer guten Leistung, eine der dysfunktionalsten Arten von Feedback ist und die Sportler sich sehr häufig mehr Feedback wünschen, als sie im Durchschnitt wahrnehmen. Man sollte seine Sportler und Sportlerinnen demzufolge nie ignorieren, ihnen im Training permanent Aufmerksamkeit schenken und geglückte Handlungen stets verstärken. Es gibt demnach sehr viele Dinge zu beachten, wenn es um zielführendes Coaching geht.
Dieser Übersichtsartikel beschäftigt sich mit zwei wichtigen Faktoren der Kommunikation auf und neben dem Platz: dem verbalen und dem nonverbalen Feedback.
Verbales Feedback – Loben, Anfeuern, Kritisieren.
Positives Feedback – Loben, loben, loben…
Lob ist eine Art des Feedbacks und wird von den meisten Menschen als positiv wahrgenommen. Erwachsene und Kinder sprechen stark auf Lob an und weisen nach dem Empfang eines Lobes ein erhöhtes Selbstwertgefühl auf.
Lob sollte im Fußballtraining und -spiel eingesetzt werden, um erwünschtes Verhalten zu verstärken.
Doch wie setzt man Lob zielgerichtet ein? Wenn man sich vor Augen hält, dass es darum geht, Spielerinnen und Spieler weiterzuentwickeln, dann sollte Lob immer dann zum Einsatz kommen, wenn man z.B. ein Verhalten wahrgenommen hat, welches aus Trainersicht gewünscht ist.
Beispielsituation: Ein Mitspieler steht frei. Ein Pass zu diesem Spieler war die gewünschte Reaktion und wurde umgesetzt. Folgt nun unmittelbar ein Lob vom Trainerteam, steigt die Wahrscheinlichkeit, dass ein ähnliches Verhalten bei einer gleichartigen Situation gezeigt wird. Am wirksamsten ist Lob immer direkt nach der Aktion, weil dann die Verknüpfung mit der Aktion noch am frischesten ist.
Was genau sollte man loben?
Leman (2008) unterscheidet zudem Ermutigung von generellem Lob, da bei der Ermutigung die Handlung im Vordergrund steht. Er schreibt, dass Ermutigung („Das war ein klasse Dribbling“) wirksamer sei als Lob im allgemeinen Sinn („Du bist klasse“). Nach Leman sollte man nie die Persönlichkeitseigenschaften eines Kindes mit seiner Leistung in Verbindung bringen, da dies nicht selbstwertfördernd ist. Man sollte eher das Erbringen der Leistung an sich loben.
Ebenso wenig sollte Lob zu Ungunsten anderer Teammitglieder eingesetzt werden, indem man beispielsweise die Leistung eines Spielers mit der eines anderen Spielers vergleicht und damit die Leistung des zweiten Spielers herabwürdigt. In der Praxis wird Lob in Mannschaftssportarten meist auf das Team bezogen und Einzelne können nur einen Teil für sich herausnehmen. Positives Feedback sollte immer wieder auch direkt an einzelne Spieler und Spielerinnen gerichtet werden.
Der „Hustle“: eine besondere Form der Bekräftigung
„Hustle“ kann man als Anfeuern oder Antreiben verstehen. Umgangssprachlich könnte man auch sagen „Feuer ins Trainings bringen“. Generell ist dieses Anfeuern und Fordern positiv zu sehen, da es in der Regel zu erhöhter Anstrengung und höheren Trainingserfolgen führt.
Beim „Hustle“ ist jedoch auch Vorsicht geboten. Ist das Ziel, willensstarke Spieler und Spielerinnen zu formen, kann es kontraproduktiv sein, diesen Willen permanent von außen herein zu bringen. Hat man durch antreibende Äußerungen „genug Feuer“ in eine Übung oder ein Spiel gebracht, sollte man den Willen und Einsatz loben, der von „innen“, also aus den Spielerinnen und Spielern selbst kommt.
Kritik – muss auch mal sein
Eine andere Art von verbalem Feedback ist die Kritik. Kritische Hinweise dürfen nicht bestrafend sein, sondern müssen eher einen korrigierenden und unterstützenden Charakter haben. Trainer und Trainerinnen sollten Kritik daher stets sachlich und im Sinne der Leistungsverbesserung äußern. Auch sachliche Kritik bezieht sich nicht auf Persönlichkeitseigenschaften, sondern auf Handlungen. Die Aussage „Den hätte ja meine Oma reingemacht!“ hilft nach einem verunglückten Torschuss niemandem weiter, sondern senkt in der Regel nur das Selbstbewusstsein. „Körper über den Ball!“ hingegen enthält eine technische Korrektur und ist frei von negativen Emotionen.
Im Training sollte immer der korrigierende Charakter der Kritik im Vordergrund stehen, um eine Leistungsverbesserung bei den Empfängern hervorzurufen. Um beispielsweise technische oder taktische Fehler zu korrigieren, sollte die Kritik, wie auch das Lob, unmittelbar erfolgen, um den Bezug zum gerade erfolgten Verhalten aufrecht zu erhalten.
Wie beim Passspiel: Timing ist entscheidend
Ob nun Lob oder Kritik – es gilt zu beachten, wann das verbale Feedback kommen sollte. Will man vor allem die Kreativität im Fußball fördern, ist es nicht zielführend, durch Kommandos im Training und im Spiel bestimmte Lösungen vorzugeben und zu fordern. „Ferngesteuerte“ Spieler können ihre Kreativität nicht ausleben und können sie ein Stück weit auch verlieren. Daher sollte der Großteil des Feedbacks nach Handlungen kommen, das heißt weniger gute Dinge korrigieren und gute Dinge bekräftigen und verstärken.
Nonverbales Feedback – auch ohne Worte sagt man viel
Die Körpersprache des Trainerteams kann zum einen nonverbales Feedback der Trainerinnen und Trainer für Verhaltensweisen der Sportlerinnen und Sportler sein. Zum anderen kann sie die innere Einstellung oder das Befinden des Trainers oder der Trainerin nach außen transferieren.
Ist das wirklich so wichtig?
Ja, denn Körpersprache ist universell und allgemeinverständlich, unabhängig vom Kulturkreis. Traurigkeit kann man beispielsweise bei jeder Person erkennen – egal, welche Sprache diese Person spricht.
Unterscheiden muss man bei der Körpersprache bewusste und unbewusste Signale. Unbewusst kann z.B. Langeweile nach außen hin ausgedrückt werden. Ein bewusstes Signal könnte z.B. ein gelerntes Verhalten wie ein aufgesetztes Lächeln sein. Ob bewusst oder unbewusst gesendet, werden Körpersignale in der Regel von anderen empfangen und verarbeitet. Nimmt die Mannschaft Körpersignale des Trainers oder der Trainerin wahr, kann dies auch einen Einfluss auf sie haben.
So genannte Spiegelneurone im prämotorischen Kortex des Gehirns erstellen bei jeder beobachteten Handlung eine interne neuronale Kopie. Dies kann man z.B. bei Neugeborenen beobachten, die – ohne das Konzept von Fröhlichkeit zu kennen – zurücklächeln, wenn man sie anlacht. Ein anderes Beispiel ist Gähnen, das häufig durch die Beobachtung einer anderen gähnenden Person ausgelöst wird. So können motivierte Trainerinnen und Trainer automatisch einen motivational positiven Einfluss auf die Spielerinnen und Spieler haben. Auf der anderen Seite kann z.B. die nervöse Körpersprache oder aggressives Verhalten von Eltern am Spielfeldrand einen negativen Einfluss haben, indem auch dieses beobachtete Verhalten kopiert wird. Die Nervosität eines Elternteils kann sich dann wie ein Lauffeuer auf die gesamte Mannschaft ausbreiten, da sich auch die Mitspieler gegenseitig „anstecken“ können.
Hat das nur kurzfristigen Einfluss?
Neben der Beeinflussung der Mannschaften in einzelnen Situationen haben Trainerteams auch einen langfristigen Einfluss auf die Einstellung der Spielerinnen und Spieler und damit eine gewisse Vorbildfunktion. Durch reines Beobachten erlernen die Sportlerinnen und Sportler bereits Verhaltensweisen. Das wird als „Modelllernen“ bezeichnet. Bei den Modellen kann es sich um reale Personen (z.B. Mutter) oder symbolische Personen (z.B. Filmfigur) handeln. Menschen lernen Verhaltensweisen, die sie bei anderen Personen oder z.B. im Fernsehen gesehen haben, in jedem Fall, führen diese aber nicht zwingend aus. Beobachtet demnach z.B. eine Sportlerin ihren Trainer, wie er lustlos eine Übung aufbaut und erklärt, kann die Athletin anschließend auch Lustlosigkeit im Training aufweisen.
Bei der Körpersprache ist also regelmäßige Selbstreflexion angesagt. Hier kann gegenseitige Beobachtung unter Trainerkollegen helfen oder Videotechnik zum Einsatz kommen. Wie bereits erwähnt, sollte man aber auch hin und wieder das Umfeld und die Spielereltern im Blick haben.
Weiterführendes
Unter Fortbildungen gibt es weitere Themen für Trainer und Trainerinnen, sowie Interessierte aus der Wirtschaft.
Gute Tipps zu verschiedenen Coaching-Stilen und deren Effekten gibt es auch auf der Homepage des DFB! Auch weitere Hinweise zum Coaching im Wettkampf sind dort zu finden.
Der Putt am letzten Loch oder der Elfmeter in der Nachspielzeit: Präzisionsaufgaben in entscheidenden Momenten sind im Leistungssport allgegenwärtig. Aber wie kann man mit Druck im Sport umgehen?
Der Leistungsabfall in Situationen, in denen besonders gute Leistungen als wichtiger wahrgenommen werden, wird „Choking under Pressure“ oder nur „Choking“ genannt. Die Forschung (Baumeister, 1984) führt das Phänomen darauf zurück, dass sich die Aufmerksamkeit unter Druck vom Ziel der Aufgabe auf die Bewegungsausführung verlagert. Das wirkt sich vor allem negativ auf automatisierte Bewegungsprogramme aus. Wirksame Interventionen gegen Choking sind ein Kernthema der Sportpsychologie. Es gibt Personen, die stärkere Probleme mit dem Performen unter Druck haben als andere. Umgangsprachlich spricht man häufig vom „Trainingsweltmeister“.
Studie: Wie sollte man an Drucksituationen herangehen?
Simon Dunne et al. führten zu diesem Thema 2018 eine weitere Studie durch. Versuchspersonen mussten dabei eine Präzisionsaufgabe erfüllen, die sie vorher lange üben konnten. Die Aufgabe konnte dadurch sozusagen „automatisch“ erledigt werden. Beim Test gab es dann in mehreren Durchgängen zwei unterschiedliche Szenarien. Die Probanden konnten bei Erfolg einen bestimmten Geldbetrag gewinnen oder sollten sich vorstellen, diesen Betrag bereits zu besitzen und dass sie ihn bei Misslingen verlieren können. Es ging also um Geld gewinnen oder Geld verlieren. Das Szenario war in jedem Durchgang zufällig. Die Beträge variierten zwischen $0 und $100 pro Durchgang. Ermittelt wurden die Genauigkeit der Aufgabenausführung, neuronale Effekte mittels fMRT und die Erregung durch Messung der Hautleitfähigkeit.
Wie erwartet, machten die Probranden bei höheren Geldbeträgen mehr Fehler und die Leistung brach ein. So weit, so gut. Zur Überraschung von Dunne und seinen Kollegen hatte die Ausprägung der Verlust-Aversion keinen Einfluss. Alle Testpersonen schnitten im Verlust-Szenario gleichermaßen besser ab. Das heißt, egal, ob die Personen Angst vor Verlusten hatten oder nicht, war die Leistung besser, wenn sie sich vorgestellt haben, dass sie das Geld bereits besitzen und verlieren könnten, wenn sie Fehler machen.
Die Forscher könnten also auf eine Intervention für Choking under Pressure gestoßen sein, die für alle Sportlerinnen und Sportler geeignet ist. Das sogenannte „Umbewerten“ ist nichts Neues. Neu wäre aber der Ansatz, Wettkampfsituationen in Verlust-Szenarios umzubewerten. Den Pokal also gedanklich schon in der Tasche zu haben, könnte helfen. Eine detaillierte Zusammenfassung der Studie ist in der Zeitschrift für Sportpsychologie erschienen.
Den Umgang mit Druck im Sport verbessern
Ob dieser Ansatz nun wirklich für jeden gleichermaßen funktioniert, werden weitere Studien zeigen müssen. Fest steht, dass man den Umgang mit Druck im Sport verbessern kann. Dazu eignet sich nicht nur das Umbewerten. Auch das etablieren von Ritualen, das Trainieren von Achtsamkeit, Entspannungsverfahren und vieles mehr kann dabei helfen, Leistung zu bringen, wenn es darauf ankommt. Alle Methoden zur mentalen Leistungssteigerung gibt es in der Rubrik „Individuelle Betreuung im Sport“.
Wie hängen Achtsamkeit und Emotionsregulation zusammen?
Um die Wirksamkeit des „Berliner Achtsamkeitstrainings“ zu evaluieren, haben wir nun eine experimentelle Studie durchgeführt und veröffentlicht. Was Achtsamkeit überhaupt ist, steht im zuvor veröffentlichten Artikel über das Achtsamkeitsprogramm.
In einer früheren Studie konnten wir bereits zeigen, dass die Teilnehmenden des Achtsamkeitskurses eine immer achtsamere Wahrnehmung entwickelten. Den Ergebnissen zufolge eignet sich Achtsamkeitstraining als Stresspräventionsmaßnahme. Die Wirkmechanismen waren bisher jedoch unklar.
In der aktuellen Studie wurde der Einfluss von Achtsamkeitstraining auf die Emotionsregulation untersucht. Für die Untersuchung wurden 68 Sportler und Sportlerinnen per Zufall entweder einem Achtsamkeitskurs oder einer Vergleichsgruppe zugewiesen. Der achtwöchige Achtsamkeitskurs beinhaltete praktische Meditationsübungen und Informationen über die psychologischen Wirkmechanismen von Achtsamkeit. In der Vergleichsgruppe erlernten und erprobten die Teilnehmenden in der gleichen Zeit klassische sportpsychologische Techniken wie Visualisierung und den Aufbau von Selbstvertrauen.
Während der Studie wurde getestet, ob ein Zusammenhang zwischen dem Maß der Achtsamkeit der Teilnehmenden und der Nutzung von adaptiven (günstigen) oder maladaptiven (ungünstigen) Strategien der Emotionsregulation besteht. Wir haben dabei herausgefunden, dass ein Zusammenhang zwischen der Ausprägung von Achtsamkeit einer Person und deren Tendenz zum Einsatz maladaptiver Strategien gefunden. Je stärker Achtsamkeit bei einer Person ausgeprägt ist, desto seltener setzt diese maladaptive Strategien ein. Oder einfach gesagt: Achtsamere Sportlerinnen und Sportler wählen seltener ungünstige Bewältigungsstrategien für den Umgang mit Emotionen.
Wer besser mit Emotionen im Sport umgehen will, muss achtsamer werden!
Das verwendete Programm (BATL, Berliner Achtsamkeitstraining zur Leistungsoptimierung) steigerte die Achtsamkeit der Teilnehmenden. Dadurch beeinflusst es die Emotionsregulation der Sporttreibenden positiv. Achtsamkeitskurse eignen sich damit zur Verbesserung des Emotionsmanagements im Leistungssport. Ein Faktor, der in Wettkämpfen oft entscheidend ist.
Wie wichtig ist Teambuilding im Fußball? Das Spiel Argentinien gegen Island bei der aktuellen Fußball-Weltmeisterschaft 2018 in Russland hat gezeigt, dass eine Mannschaft nicht unbedingt nur die Summe ihrer Teile ist. Die Teile müssen auch zusammenpassen. Es reicht nicht, ein Ensemble namhafter Spieler aufzustellen. Hingegen können Mannschaften, bei denen die Teile besonders gut zusammenpassen, unerwartete Leistungen abrufen.
Teambuilding in einer Krise: Die deutsche Nationalmannschaft und die Erdogan-Fotos
Bei der WM 2014 in Brasilien wurde das Team um Trainer Joachim Löw bekannt als „die Mannschaft“. Ein Team, in dem jeder für jeden kämpft und an seine persönlichen Grenzen geht.
Im Vorfeld der Fußball-WM 2018 in Russland lösten Fotos der deutschen Nationalspieler Mesut Özil und Ilkay Gündogan mit dem türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdoğan große Diskussionen aus. Vor allem in der deutschen Bevölkerung sorgte dies für großen Unmut. Forderungen nach dem Ausschluss der beiden Fußballer aus dem Kader der Nationalmannschaft, Anfeindungen und sogar persönliche Bedrohungen waren die Folge.
Ob dieser Vorfall tatsächlich Auswirkungen auf den Zusammenhalt oder die Leistungsfähigkeit der deutschen Nationalmannschaft hat, können nur Beteiligte beurteilen. In diesem Artikel geht es nicht darum, eine politische Diskussion zu beenden, sondern um ein Fallbeispiel, wie ein negatives Ereignis positiv für die eigene Mannschaft genutzt werden kann.
Wie hätte man diese Situation für das Teambuilding nutzen können?
Analyse der Situation: Was ist passiert und was sind die Folgen?
Interne Kommunikation: Laut Presseberichten (Welt, Sport1, Tagesschau) fand eine Aussprache mit Gündogan, Özil, Löw, Grindel und Bierhoff statt. Aus den Berichten geht jedoch nicht hervor, ob eine Teambesprechung mit der gesamten Mannschaft stattfand. Auch unter allen Spielern sollte so ein Thema aufgrund der Brisanz offen besprochen werden.
Lösungsansätze finden: Die Fotos der Nationalspieler mit dem türkischen Präsidenten wurden veröffentlicht. Daran lässt sich nichts mehr ändern. Nach Klärung der internen Standpunkte ist die Frage nun also: Was macht man aus der Situation?
Was in der Realität folgte, war das Übliche: Interviews, Entschuldigungen, Distanzierungen. Die Wirkung bei Bevölkerung und Fans blieb jedoch aus. Vor dem Testspiel gegen Saudi-Arabien sagte Oliver Bierhoff: „Was hätten wir noch mehr machen sollen? Ich bin der Meinung, wir haben sehr viel gemacht – und jetzt reicht es dann auch.“ (Sport1). Nachdem Gündogan im Spiel dann massiv ausgepfiffen wurde, gestikulierte Bundestrainer Löw wild in Richtung Publikum und drückte auch im Interview nach dem Spiel sein Unverständnis den Fans gegenüber aus.
Was man hypothetisch im Sinne eines Teambuildings hätte tun können:
Der Mannschaft die Situation der beiden Spieler noch einmal verdeutlichen
Gemeinsam einen Plan entwickeln, wie man die beiden Spieler zusammen dabei unterstützen kann, sich aus dieser Situation zu befreien
Die allgemeine negative Stimmung als Antrieb nutzen, gemeinsam als Team aufzutreten und noch enger zusammen zu wachsen
Geschlossen als Mannschaft nach außen kommunizieren
Externe Kommunikation: Da das Hauptproblem die Stimmung bei den Fans darstellt, ist eine gelungene Kommunikation nach außen entscheidend. Nach den zuvor beschriebenen Maßnahmen könnte man dann wie folgt vorgehen:
Als Mannschaft den Fehler der beiden offen und klar eingestehen und Verständnis für den Unmut in der Bevölkerung ausdrücken
Klarstellen, dass man Özil und Gündogan gemeinsam unterstützen will, die Anerkennung des Publikums zurück zu gewinnen, und dabei zeigen, dass man trotz allem geschlossen hinter ihnen steht
Die Ziele der Mannschaft für die WM erläutern und ausdrücken, was jeder Einzelne und das Team für die Zielerreichung tun werden
Eine „Einer für alle, alle für einen – jetzt erst recht!“-Einstellung ausstrahlen
Warum machen diese Teambuilding-Maßnahmen Sinn?
Das Spiel der deutschen Nationalmannschaft gegen Mexiko hat verdeutlicht, dass „die Mannschaft“ momentan nicht funktioniert. Es ist viel mehr ein „#ZSMMN“ als ein „ZUSAMMEN!“. Da fehlt etwas. Das Gegentor entstand beispielsweise durch einen Konter, bei dem der aufgerückte Außenverteidiger Kimmich nicht ausreichend abgesichert wurde. Auch im Fußball gibt es einen zirkulären Zusammenhang von Zusammenhalt und Leistung. Bei guter Leistung steigt der Zusammenhalt und durch gesteigerten Zusammenhalt wird die Leistungsfähigkeit der Mannschaft gestärkt.
Die aktuelle Situation bietet sich daher an, einen solchen Fehltritt für das Teambuilding auszunutzen. Auf diese Weise lässt sich der Zusammenhalt einer Mannschaft stärken und die Negativspirale von schlechten Leistungen durchbrechen.
Nachtrag zum Teambuilding: Beispiel aus der Realität
Den schwedischen Nationalspieler Jimmy Durmaz traf nach seinem Foul im WM-Gruppenspiel gegen Deutschland, was zu dem entscheidenden Freistoß durch Toni Kroos führte, heftige Kritik. Es soll Anfeindungen, rassistische Beleidigungen und sogar Morddrohungen gegeben haben (Spiegel).
Durmaz reagierte auf diese Vorfälle, indem er sich vor die Kamera stellte und ein starkes Statement abgab. Besonders wichtig aus sportpsychologischer Sicht ist dabei aber auch, dass die gesamte schwedische Mannschaft in dem Video geschlossen hinter Durmaz steht und ihm symbolisch den Rücken stärkt. Am Ende des Videos macht die Mannschaft noch einen gemeinsamen Aufruf gegen Rassismus. Diese Aktion zeigt den Zusammenhalt der Mannschaft nach außen und könnte das schwedische Team für das letzte Spiel der Gruppenphase noch einmal stärken.
Die Entwicklung von Sportpsychologie im Fußball selbst schreitet immer weiter voran. Es wird nicht nur intensiv geforscht, sondern auch flächendeckend praktisch gearbeitet. Eine Vorreiterrolle hat hier zum Beispiel der Fußballverein RB Leipzig. Dort werden sowohl die Profis als auch das Nachwuchsleistungszentrum sportpsychologisch betreut. Im Nachwuchsbereich leisten sogar vier Sportpsychologen in Vollzeit hervorragende Arbeit. Vorrangig geht es dabei darum, den Spielern Möglichkeiten aufzuzeigen, bessere Fußballer zu werden.
In der Öffentlichkeit kommt die Sportpsychologie meist nur zur Sprache, wenn irgendwelche Probleme auftauchen – wenn eine Fußballmannschaft in einer Krise steckt, wenn es private Tragödien gibt oder ähnliches. Auch ich erhalte häufiger Anfragen zu Interviews. Zuletzt sollte ich beispielsweise Stellung beziehen, wie Torwart Sven Ulreich mit seinem Patzer im Champions League Halbfinale gegen Real Madrid umgehen solle. Da ich nicht weiß, was Ulreich von der Persönlichkeitsstruktur her für ein Typ ist, hätte ich nur vage Aussagen treffen können. Zudem wird der FC Bayern von einem renommierten Sportpsychologen betreut. Sven Ulreich ist also gut versorgt. Daher habe ich mich dagegen entschieden, ein Interview zu geben. Momentan äußern viele Fußball-Experten ihre Meinung zu dem dramatischen Finalverlauf für Torhüter Loris Karius. Immer häufiger wird dabei thematisiert, dass sportpsychologische Betreuung im Fußball vor allem langfristig und wie oben beschrieben zur Leistungsoptimierung weiter ausgebaut werden sollte. Dies ist zwar eine langsame, aber dennoch positive Entwicklung in der öffentlichen Wahrnehmung von Sportpsychologie im Fußball.
Hier das Interview mit mir zum Anschlag auf den BVB-Bus (t-online.de):
Psychologe: Das Spiel am Tag danach war ein Fehler
Von Guido Heisterkamp
Vor einem Jahr explodierten drei Sprengsätze am Bus von Borussia Dortmund. Manche Spieler erlitten ein Trauma und hatten lange Angst. Einige BVB-Profis leiden noch immer.
Sportpsychologe Christoph Kittler von der Humboldt-Universität zu Berlin erklärt im Gespräch mit t-online.de, welche langfristigen Folgen durch ein derart dramatisches Erlebnis entstehen können, wie ein solches Trauma therapiert werden kann und was eine Attacke – wie in Liverpool auf den ManCity-Bus – bei einem betroffenen Spieler wieder auslösen könnte.
Herr Kittler, war es rückblickend ein Fehler, das Spiel gegen Monaco nur einen Tag nach dem Attentat nachzuholen?
Christoph Kittler: Kurzfristig gesehen war es sicher ungünstig für die Leistungsfähigkeit der Mannschaft. Aus den psychologischen Folgen können ja auch physiologische Probleme entstehen. Viele Spieler werden wahrscheinlich weniger oder gar nicht geschlafen haben vor diesem wichtigen Spiel und waren dann nicht auf der Höhe. Aus dieser Sicht würde ich auf jeden Fall unterstreichen, dass das ein Fehler war. Aber aus der Ferne ist das nicht zu beurteilen.
Torwart Roman Weidenfeller hat Mitte März vor Gericht angegeben, dass er immer noch psychologische Hilfe in Anspruch nimmt. Wie sieht eine langfristige Aufarbeitung und Betreuung aus?
Ganz wichtig ist es zu erwähnen, dass das nicht mehr in den Bereich eines Sportpsychologen wie mich fällt. Wenn ein schwerwiegendes Trauma vorhanden ist, muss eine Traumatherapie durch einen Spezialisten durchgeführt werden – einen Psychotherapeuten. Da gibt es verschiedene Methoden, eine aktuelle ist die „EMDR“-Methode. Aber es ist sehr positiv, dass sich ein Spieler Hilfe holt und eine Betreuung stattfindet.
Wofür steht EMDR und wie funktioniert die Methode?
EMDR steht für „Eye Movement Desensitization and Reprocessing“. Dabei werden Traumata durch Bewegungen der Augen, die vom Therapeuten gelenkt werden, desensibilisiert und verarbeitet. Die Methode ist sehr gängig und wird zum Beispiel bei Bundeswehrsoldaten angewendet.
Wie lange kann so eine Therapie dauern?
Die Anwendungsdauer ist von der Stärke des Traumas abhängig. Das wird z. B. dadurch beeinflusst, wie nah die Spieler dran waren, ob sie verletzt wurden, was sie gesehen haben und wie sie individuell mit einer solchen Belastung umgehen können. Eine ambulante Therapie beinhaltet in der Regel um die 60 Sitzungen.
Fußball ist ein Mannschaftssport und die Chemie in einer Mannschaft ist enorm wichtig. Kann ein solch traumatisches Ereignis Risse ins Mannschaftsgefüge bringen?
Ich kann mir nicht vorstellen, dass das zu einem Bruch innerhalb der Mannschaft geführt hat. Aber aus der Ferne lässt sich das nur vermuten. So ein Ereignis könnte eine Mannschaft auch zusammenschweißen.
Der Mannschaftsbus ist ein ganz elementarer und wichtiger Bestandteil im Alltag eines Fußball-Profis. Können durch die fortgesetzte Nutzung bei den BVB-Spielern immer noch traumatische Erinnerungen wiederbelebt werden?
Es war ungünstig, die Mannschaft in den ersten drei Tagen nach dem Anschlag wieder damit zu konfrontieren. Man sollte sich in diesem kurzen Zeitraum nicht erneut in diese Situation begeben. Aber aus psychologischer Sicht ist es mittel- und langfristig wichtig, um Ängste aufzulösen.
Können Sie das bitte genauer erklären.
Je öfter man sich in eine gleiche oder ähnliche Situation begibt und nichts passiert, desto schneller bauen sich die Ängste auch wieder ab. Wenn man beispielsweise einen Arachnophobiker mit einer Spinne konfrontiert, dieser sich dabei entspannen kann und merkt, dass nichts Negatives passiert, dann werden seine Ängste schrittweise abgebaut oder sogar gelöscht. Daher ist es eher positiv, zum Alltag zurückzukehren und den Mannschaftsbus damit wieder zu einem positiven Ort zu machen.
Was könnte eine Attacke wie in Liverpool bei den Spielern auslösen, wo der Bus von Manchester City mit Bengalos und Flaschen beworfen wurde?
Das ist natürlich nicht alltäglich und generell für jeden Menschen unschön. Wenn eine Flasche an einen Bus fliegt, kann der damit verbundene Krach die Erinnerungen an den Anschlag wieder hervorrufen und die Spieler negativ beeinflussen. So eine Situation wäre nach wie vor sehr ungünstig für die BVB-Profis, die damals im Bus saßen
Würde es auch schon reichen, diese Bilder im TV zu sehen?
Es könnte sein, dass Spieler anfangen zu denken, dass man in einem Bus nicht sicher ist. Aber eigentlich müssten die Spieler schon mit im Bus von ManCity gesessen haben, damit so ein Trauma wieder aktuell wird.
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