Sportlich weiterentwickeln trotz COVID-19 – Teil 4: Vernetzen und Rausgehen

Bisher hat sich die Serie „Sportlich weiterentwickeln trotz COVID-19“ mit Visualisieren, Struktur und Erholung sowie Dazulernen beschäftigt. Auch im letzten Teil der Beitragsreihe geht es wieder darum, das psychische Wohlbefinden zu fördern und sich gleichzeitig sportlich weiterzuentwickeln. Dieses mal durch: Vernetzen und in die Natur gehen.

Vernetzen

Sport hat immer einen sozialen Kontext. Gegenwärtig müssen wir physische Distanz wahren. Wir sollten uns aber bewusst sein, dass physische Distanzierung und soziale Isolation zwei unterschiedliche Dinge sind. Das Aufrechterhalten des Kontakts zu deinen Teammitgliedern, Trainingspartnern und Betreuern ist eine wichtige psychologische Ressource. Mit anderen Worten: Es tut dir richtig gut.

Ebenso wichtig ist der Kontakt zu deinen Freunden, deiner Familie und anderen Personen aus deinem Umfeld. Unterschiedliche technische Möglichkeiten, wie z.B. ein Gruppen-Chat, können dir helfen, die aktuelle Herausforderung zu meistern. Wenn du mit Freunden sprichst, solltest du daran denken, dass auch sie die Belastungen und negativen Auswirkungen dieser aktuellen Pandemie erleben. Deine Kommunikation könnte also nicht nur dazu beitragen, deine eigene Gefühlslage zu verbessern, sondern tut auch deinem Umfeld gut.

Das könntest du tun: Vereinbare mit deinen Teamkollegen oder Trainingspartnern feste und regelmäßige Termine, um eure Trainingsfortschritte und -anliegen mehrmals pro Woche zu einem geeigneten Zeitpunkt zu besprechen. Das kann auf Social-Media-Plattformen, in WhatsApp-Gruppen oder woanders erfolgen.

Darauf solltest du achten: Du wirst mit einer Mischung aus emotionalen Reaktionen konfrontiert sein und das kann eventuell eine Herausforderung darstellen. Um dieses Risiko zu mindern, ist auch die Aufrechterhaltung des Kontakts zu Personen außerhalb des Sports sehr wichtig.

Rausgehen

Körperliche Aktivität in der freien Natur ist für viele Athleten und Athletinnen eine naheliegende Wahl, um aktuell fit zu bleiben. Die Bewegung in natürlichen Umgebungen hat viele zusätzliche Vorteile gegenüber dem Training im Fitnessstudio, in der Halle oder eben Zuhause. Die Umweltbedingungen, wie z.B. gute Luftqualität und geringere Lärmbelästigung, sind der größte Vorteil. Die Bewegung in natürlicher Umgebung trägt außerdem dazu bei, Ängste und Sorgen abzubauen. Bei der aktuellen Herausforderung ist das wichtig. In die Natur zu gehen, verbessert auch die Stimmung und das psychische Wohlbefinden. Die Konzentration auf die Natur, wie z.B. die damit verbundenen Geräusche sowie die Aussicht auf Bäume und Grünflächen, kann auch von den körperlichen Anstrengungen während des Trainings ablenken. Das Ergebnis ist, dass sich Bewegung in einer natürlichen Umgebung leichter, angenehmer und spaßiger anfühlen kann als in geschlossenen Räumen.

Das könntest du tun: Finde, wenn möglich, eine Reihe von Orten im Freien, an denen du dich körperlich betätigen kannst, und versuche, die Natur aktiv wahrzunehmen.

Darauf solltest du achten: Halte dich an die tagesaktuellen Richtlinien deiner örtlichen Gesundheitsbehörde.

Wie Leistungssport auf Krisen wie die Corona-Pandemie vorbereitet

Der Leistungssport und seine Lehren

Individuelle Betreuung im Sport
Foto: Max Menning

Die Corona-Pandemie bestimmt aktuell unsere Realität. Sie bringt viele unbekannte und neue Herausforderungen mit sich. Sie bietet aber auch immer wieder die Möglichkeit, Dinge aus einem anderen Blickwinkel zu betrachten und deren positive Seiten aufzuzeigen. Der Leistungssport fordert sehr viel: Zeit, Anstrengungen und eine Vielzahl von Entbehrungen. Leo Teßmann ist Sportwissenschaftler und Athletiktrainer sowie ehemaliger Nachwuchsspieler von Hertha BSC und Hansa Rostock. Er fasst das Leben als Leistungssportler, seine Erfahrungen und die damit verbundenen Lehren in folgendem Instagram Post so zusammen:

https://www.instagram.com/p/B_cP2e9p3f6/

Was macht Athletinnen und Athleten aus dem Leistungssport in der Corona-Pandemie besonders?

Der Leistungssport bereitet Athleten und Athletinnen auch für den Umgang mit einer Krise vor. Natürlich bereitet der Sport einen nicht direkt auf eine Pandemie vor, doch Erfahrungen aus Training und Wettkampf sowie die damit entstandnenen Fähigkeiten lassen sich auf verschiedenste Umstände übertragen. In der Corona-Pandemie sind Fähigkeiten aus dem Sport sehr hilfreich. Dazu zählen: „Mental Toughness“ oder psychische Stärken, psychische Widerstandskraft oder Resilienz und Kontrollwahrnehmung.

1. Psychische Stärken

Leistungssportlerinnen und -sportler haben in der Regel viele Fähigkeiten und Gewohnheiten entwickelt, die ihre Leistung auf dem Spielfeld, beziehungsweise im Wettkampf unterstützen. Diese Fähigkeiten können sich bewusst oder auch unbewusst entwickelt haben. So unterstützen beispielsweise die Routinen vor dem Elfmeterschießen, die Entspannungs- und Fokussierungskomponenten enthalten, die emotionale Regulation. Solche und andere Techniken lassen sich auch nutzen, um jetzt dabei zu helfen, in der Welt außerhalb des Sports zurechtzukommen. Es ist sehr wichtig, dass sich Athleten und Athletinnen ihres Repertoires an psychischen Fähigkeiten bewusst werden und diese auch in anderen Kontexten anwenden.

2. Resilienz

Die Fähigkeit, Ressourcen sowohl im Vorfeld als auch nach einer großen Herausforderung zu mobilisieren, wird durch unsere sportlichen Herausforderungen ständig weiterentwickelt. Die Mehrzahl der Sportler und Sportlerinnen haben dadurch die Fähigkeit erlangt, auf starke Stressfaktoren optimistisch zu reagieren und sich auf ein Wachstum einzulassen. Darüber hinaus haben sie viele erfolgreich gemeisterte Hindernisse und positive Erinnerungen im Gedächtnis, auf die sie zurückgreifen können. Dadurch haben Personen aus dem Leistungssport eine solide Grundlage. Darauf können sie die Überzeugung aufbauen, dass sie über ausreichende Ressourcen verfügen, um mit der aktuellen Krise fertig zu werden. Auch hier geht es darum, sich der eigenen mentalen Resilienz aus dem Sport bewusst zu werden und sie auf aktuelle Lebenslagen zu übertragen.

3. Wahrnehmung von Kontrolle

Der Verlust von Kontrolle ist generell eine der Hauptursachen für Angstzustände. Bei einer Kriese wie der Corona-Pandemie ist das Gefühl von Kontrollverlust allgegenwärtig. Die Entwicklung von Autonomie und die Rückgewinnung von Kontrollgefühl ist ein Schlüsselfaktor, um sich wieder sicher und geborgen zu fühlen. Das bewusste Wahrnehmen neuer Gewohnheiten, die uns vor COVID-19 schützen sollen, wie z.B. die physische Isolation, Handhygiene oder die Vermeidung von Gesichtsberührungen, kann dabei helfen, in einer unsicheren Welt die Kontrolle zurückzugewinnen. Bewusst neue Wege zu finden, sich zu bewegen, zu arbeiten, zu trainieren und zu interagieren, kann eine Welt voller Möglichkeiten eröffnen und gibt Handlunugsspielraum zurück. Sportlerinnen und Sportler haben in Studien gezeigt, dass sie schneller positive Gewohnheiten entwickeln und besser ihre Selbstbeherrschung bewahren können. Auch dies sind Fähigkeiten, die sich auf die gegenwärtigen herausfordernden Umstände übertragen lassen.

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass sich Leistungssportlerinnen und Leistungssportler in der aktuellen Situation zuerst ihrer eigenen Fähigkeiten, beziehungsweise mentalen Stärken bewusst werden sollten. Eine Methode, die bei diesem Prozess äußerst hilfreich sein kann, ist Achtsamkeit. Danach gilt es, diese Stärken auf den sportlichen, beruflichen und privaten (neuen) Alltag anzuwenden.